Höchste Bewertungen für Arabische Stuten
Tag der Zucht auf dem Arabergestüt Rhön mit Stutenleistungsprüfung des ZSAA am 11. September 2022
Ein Termin, auf den viele Betreffende sich gefreut und gut vorbereitet hatten, war der 2. Septembersonntag in Kalbach. Die wunderbar helle Reithalle des Arabergestüts Rhön bot als Belle Etage für die auftretenden Edelblüter die perfekte Bühne. Organisation und Abwicklung lagen wieder in den bewährten Händen des Gestütsleiters Jonathan Marquardt, Pferdewirtschaftsmeister. Mit seinen Team-Mitgliedern schickte er die Pferde im Freilauf professionell genau passend für die Richter durch die Halle, stets mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
An der in diesem Jahr bereits zum 5. Male stattgefundenen offenen Stutenleistungsprüfung nahmen neun Stuten teil, eine erfreuliche Steigerung der Teilnehmerzahlen.
Zur Eintragung am Nachmittag kamen ebenfalls deutlich mehr Fohlen in den Ring wie in den Vorjahren.
Die Beurteilung und Bewertung der vorgestellten Pferde übernahmen für die LPO Herr Dieter Schmiedel aus dem benachbarten Thüringen sowie Frau Dr. Sylvia Hagen für den ZSAA.
Besonders erfreulich: Die ersten beiden Plätze belegten Pferde arabischen Blutes bzw. mit vorherrschendem arabischen Blut (Apb) – nicht wie in den vergangenen Jahren überwiegend Stuten aus den Sportpferde-Zuchten der Länder.
Mit 7,7 die höchste Wertnote erhielt die souveräne, mit viel Vermögen ausgestattete AA-Stute Helena. Die anfangs geringe Höhe der Stangen im Freisprung schien sie gänzlich zu verachten. Erst nach dreimaliger Erhöhung kam sie in Fahrt, legte zu im Tempo und brillierte durch Vermögen gepaart mit Technik und weltverachtender Gelassenheit, was die Richter mit einer honorablen 8 bewerteten. Auch unter dem Reiter beeindruckte sie die Anwesenden durch ihre Coolness. Losgelassen, raumgreifend, mit genügend Fleiß, dabei stets im Takt bleibend sah man ihren Schritt, für den zu Recht ebenfalls die 8 vergeben wurde. Der ergiebige Trab war bei ihr klar abgegrenzt zum Schritt und Galopp, voller Schwung und weit untertretend, ohne für den Reiter unbequem zu werden. Im Galopp blieb sie stets im Takt, mit schöner Bergauf-Tendenz und konstant an den Reiterhilfen. Keine der Noten liegt bei ihr unter 7,5. Ein Leistungspferd in arabischer Anmut und Eleganz.
Die aus einer Partbred-Farbzucht stammende, muntere Falbstute Champagners Dream avancierte mit ihrer lebhaften Art und Weise, die Sprünge anzugehen, die sie mit Potential und Leichtigkeit überwand, zum Publikumsliebling. Bei der Überprüfung der Grundgangarten imponierte sie besonders mit ihren hervorragenden Bewegungen im Trab, der bei ihr mit großem Raumgriff und enormen Schwung durch den ganzen Körper geht. Ihre Trabnote 8,5 war die höchste Note der gesamten Prüfung!
Unter dem Reiter zeigte sie sich größtenteils gut an den Hilfen, mitunter ging das Temperament ein wenig mit ihr durch, das aber immer ganz harmlos. Unter der sympathischen Fremdreiterin, die mit 9 Stuten zu reiten keinen einfachen Job an diesem Sonntag hatte, war sie vollkommen gelöst und setzte die Reiterhilfen passend um. Einziger Kritikpunkt für die Richter war ihre etwas kurze Kruppe.
Ihr Großvater Khalvin Khlein, in Kalifornien gezüchtet, vererbt zuverlässig seine Falbfarbe, sowie seine enormes Springvermögen. Khandis, einer seiner Söhne, ließ 2011 beim Freispringen in Kalbach die gesamte Konkurrenz mit 9,5 Punkten weit hinter sich – bei einer Größe von 1,45m Stock.
Die Summe der Einzelnoten ergibt als Endnote 7,53 für die mit Abstand Kleinste dieses Feldes.
Auch die Drittstärkste in der Bewertung, Trakehnerstute Santa Fiamma, hat arabische Vorfahren 1. Güte: Mit dem Pamir-Sohn Dschehim ox (1996-2016) auf der Mutterseite, der als Marbacher Hauptbeschäler starke Akzente setzte, hat sie einen leistungsbetonten, sowie charakterlich herausragenden Großvater, der einen regelrechten Fanclub wegen seines sanften, menschenbezogenen Wesens und seiner hohen Rittigkeit hatte. Er wurde neben seinem Einsatz in der Araber- und Ponyzucht vom Trakehnerverband als Veredler anerkannt, wenige Jahre später auch vom Hannoverschen Zuchtverband. Sein Bereiter brachte ihn in der Dressur bis auf S-Niveau.
Santa Fiamma zeigte in schöner Losgelassenheit Bewegungen mit aktiver Hinterhand, großer Schulterfreiheit und weitem Raumgriff, die im Trab sowie im Freisprung mit einer 8 belohnt wurde.
Die beiden Shagya-Araberstuten gerieten schon beim Freilauf zum Hingucker durch ihre Auftritte. Aus der Zucht von Sabine Körber zeigte sich Haana Ghazal A, eine wohlgelungene Nahat-Tochter a.d. Hamala mit schönem Kaliber in lackschwarzer Jacke. Große, gut getragene Bewegungen mit schöner Schwungentfaltung zeigte sie im Ring, wenngleich sie unter dem Reiter stellenweise ihrer Anspannung Luft machte und sich über kurze Passagen den Hilfen entzog. Ihr Besitzer, der bei Insidern bekannte Sportreiter Stefan Kehrmann, freut sich über das Potential dieser Stute, deren Großmutter auf der Mutterseite bereits eine Tochter auf der SLP hier mit großem Erfolg hervorbrachte: Havanna A, ebenfalls im Besitz von Stefan Kehrmann, die für ihr imponierendes Freispringen 2020 die 9 erhielt. Haana Gazal A machte ebenfalls eine gute Figur über den Sprüngen mit hervorragender Flugkurve und schöner Bascule, was ihr eine 7,5 einbrachte.
Es folgte mit Thami eine rahmige, dunkelbraune Farid-Tochter aus der Tamina (Bahadur/Tschiba) in eleganter Aufmachung mit einer Oberlinie wie gezeichnet, einem elegant geformten, genügend langen Hals, guten Widerrist sowie eine breite, tiefe Brust mit guter Rippenwölbung. Ein „durch und durch gefälliges Pferd“ (Richter). Ihre Galoppade ist schön nach vorn gesprungen mit viel Raumgriff, der Trab federnd mit genügend Schub und auch der Schritt kein schlechter. Ihr Vater Bahadur, in der Schweiz geboren und reiterlich bis L-(Vielseitigkeit) bzw. M-(Dressur) Niveau vielfach und mit hohen Platzierungen von seiner Besitzerin Sabine Uschmann vorgestellt, gab dieser Tochter seine Leistungsveranlagung, Springvermögen – 7,5 im Freispringen – sowie gute Rittigkeit mit auf den Weg. Jonathan Marquardt als Reiter, der sie auch für die Prüfung vorbereitet hatte, zeigte diese Stute mit seiner unnachahmlich ruhigen und feinen Art, sich in jedem Moment ganz intuitiv auf das Pferd und seine Bewegungen einzulassen. Auch der Fremdreiterin gefiel Thami unter dem Sattel mit ihren großen, gleichzeitig fließenden Bewegungen.
Last but not least war die gut gemachte braune Samiya bint Samal Apb, eine 8jährige Verbands-prämienstute mit überdurchschnittlichen Grundgangarten, für ihren Trab zogen die Richter die 8. Auch in allen anderen Bewertungskriterien gab die Stute kaum Anlässe zur Kritik, bot allerdings auch keine großen Höhepunkte.
Richter Dieter Schmiedel bescheinigte dem bewerteten Gesamtlot zum Abschluss eine „überdurchschnittliche Qualität“ – mit diesen Worten konnte jeder den Tag gut abschließen.
Fenicio B. Kettel-Symann